Leverkusen (Juni 2023) – Zwei Gruppen von Jugendlichen gehen aufeinander zu; -aggressiv, feindselig und voller Ablehnung. Es wird gerempelt, geschimpft und gepöbelt. Gewalt liegt in der Luft. Plötzlich setzt Musik ein, die Jugendlichen wirken zunächst verwirrt, lassen sich aber dann vom Rhythmus der Musik mitreißen. Bewegen sich, hüpfen in ihrer Gruppe – um dann, zunächst zögerlich und schließlich immer schneller, mit den „anderen“ zu tanzen, gemeinsam. Der Zorn ist verflogen, die Fröhlichkeit dominiert.
Musik kann Grenzen überwinden und Freundschaften entstehen lassen. Diese einfache und doch eindrückliche Botschaft wurde in der vorletzten Schulwoche vor den Sommerferien am Berufskolleg Opladen in einem „Mini-Musical“ gelebt und künstlerisch dargestellt. Unter der Leitung des Musikpädagogen Norman Kunz präsentieren Schüler:innen des BKO gemeinsam mit Jugendlichen aus Palästina das selbst geschriebene Stück „Becoming Friends“.
Vier Tage lang waren die Schüler:innen aus Betlehem in Opladen zu Gast. „Wir sind sehr freundlich empfangen worden“, erklärt die 16-jährige Natalie Abueid, die die Talitha-Kumi-Schule in Palästina besucht und beim Auftritt Trompete spielte. „Wir haben zunächst Tänze eingeübt und sind uns dabei immer nähergekommen. Dabei sind wir tatsächlich auch Freunde geworden.“ Eine Entwicklung, die das Musical – wenn auch in künstlerisch überspitzer Form – aufgreift.
Schon seit vielen Jahren versucht das Berufskolleg Opladen das konfliktfreie Miteinander der Kulturen zu fördern – ein wichtiger Baustein dabei sind die Partnerschaften mit der Talitha-Kumi-Schule und der Dar-Al-Kalima-School (beide aus Bethlehem). „Im Zusammenleben der Menschen ist Frieden und Freundschaft das wichtigste Gut“, erklärt Politik-Lehrer Marcus Nick. „Mit dem Musik-Projekt setzen wir ganz bewusst ein Zeichen. Dabei wollen wir auch dazu beitragen, dass die Jugendlichen sich besser kennen lernen.“
Ein Vorhaben, das augenscheinlich sehr gut funktioniert. „Am Anfang waren wir alle noch etwas zurückhaltend“, erzählt Beyza Yildirim (18), die am BKO in die 12. Klasse geht und im nächsten Jahr ihr Abitur anstrebt. „Aber durch die Musik sind wir alle lockerer geworden. Vor allem die Tänze haben großen Spaß gemacht.“
Die Freude ist den Jugendlichen beim Auftritt im Innenhof der Schule vor rund 100 Mitschüler:innen deutlich anzumerken. Der Rhythmus der Musik geht auf alle über – es wird fleißig mitgeklatscht und manchmal auch mitgesungen. Denn neben den Musikeinlagen aus Palästina und der Türkei werden auch bekannte Lieder wie „Lieblingsmensch“ (Namika) und „Diamonds“ (Rihanna) dargeboten. Dazwischen gibt es immer wieder Schauspiel-Einlagen, die das Thema „Becoming Friends“ darstellen.
Bereits zum achten Mal besuchten Jugendliche aus Palästina das Berufskolleg Opladen. Organisiert wurde der Austausch von Gregor Schröder, einem ehemaligen Lehrer, und seinem Verein JugendInterkult (www.jugendinterkult.de). Schon seit Jahren setzt sich der Verein für die Verständigung zwischen den Kulturen und den Abbau von Vorurteilen ein.
Wie gut die Zusammenarbeit dieses Mail funktioniert hat, zeigte auch eine Dokumentation, die am Ende des Austauschs präsentiert wurde. Um die Freundschaft zu vertiefen, werden Schülerinnen und Schüler des Berufskollegs im Herbst zu einem Austausch nach Palästina reisen. Gerade dort – so eine weitere Botschaft der Zusammenarbeit – wäre es wünschenswert, dass mit Hilfe von Musik, Tanz und Gesang der Hass überwunden wird.